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CERAD-Testbatterie

Abkürzung: CERAD

Seit dem 15. August 2019 gibt es in TDB2Online neue Normen für die Auswertung aller CERAD-Subtests. Sie werden in der TDB2OnlineApp unter dem Namen „CERAD“ aufgerufen. Wir empfehlen diese Normen für alle Erstuntersuchungen von Patienten. Die neue Normierung beruht auf einer breiteren Basis von Zufallsstichproben gesunder Probanden ohne Demenz.

Die vor dem 15. August 2019 verwendeten Normen stützten sich lediglich auf zwei Normquellen: bei der Linearisierung der Skalen auf die alte Arbeit von Welsh et al. (1994)1) und bei den Altersvergleichsgruppen auf die Baseler Normen2). Wir behalten diese alten Normen unter dem Namen „CERAD alt“ bis auf Weiteres in der App, damit früher untersuchte Patienten im Längsschnitt damit weiter verfolgt werden können.

Zu den klassischen Subtests der CERAD gehört die Mini Mental State Examination (MMSE), zu den Subtests der CERAD-Plus (s.u.) gehören die Trail Making Tests. Für diese Verfahren gibt es eine wesentlich breitere Normbasis als für die anderen CERAD-Subtest, insbesondere gibt es für sie auch Normen für junge Erwachsene. Sie werden in der App und in der Dokumentation deshalb zweimal aufgeführt: einmal unter ihren eigenen Namen MMSE und Trail-Making Tests A und B mit der breiten Normbasis, bei der die Leistungswerte auf den Werten junger Erwachsener beruhen, und zum anderen als Subtests innerhalb der CERAD-Batterie, wie im Folgenden dokumentiert.

Mitte der 80er Jahre schlossen sich mehrere nordamerikanische Kliniken und Forschungseinrichtungen unter der Ägide des National Institute on Aging unter der Bezeichnung Consortium to Establish a Registry for Alzheimer's Disease (CERAD) zusammen, um gemeinsam klinische, neuropsychologische, Labor- und Bildgebungsdaten von Patienten mit Alzheimer Demenz zu sammeln. Die neuropsychologische Testbatterie, auf die sich die Institutionen einigten3), trägt unter Neuropsychologen die Abkürzung CERAD-Testbatterie. Es handelt sich um eine Screening-Batterie für die Bereiche Orientierung, Sprache, Gedächtnis und (eingeschränkt) Visokonstruktion, deren Schwierigkeitsgrad an Patienten mit beginnender Demenz angepasst ist.

Die CERAD-Batterie hat sich schnell in anderen Ländern und Sprachen eingebürgert. Im deutschen Sprachraum legte die Memory Clinic der Geriatrischen Universitätsklinik Basel unter der Ägide von Hannes B. Stähelin eine autorisierte Übersetzung vor. Nachdem eine Zeitlang mit den amerikanischen Normen der Batterie gearbeitet wurde, startete 1997 eine multizentrische Normenstudie in deutschsprachigen Ländern, die am ausführlichsten in der elektronisch publizierten Dissertation von Chantal Aebi 4) beschrieben ist.

Seit 2005 verfügt die Baseler Version der CERAD-Batterie unter dem Namen CERAD-Plus über drei weitere Subtests. Diese Version ist sicher im deutschen Sprachraum am weitesten verbreitet.

Die Tabellen 1a und 1b geben einen Überblick über alle Subtests der CERAD-Plus, ihre Zuordnung zu kognitiven Domänen, die hier verwendeten Abkürzungen, den Rangplatz bei der Testdurchführung und den möglichen Rohwertebereich.

Tabelle 1a: Domänen und Subtests der klassichen CERAD

Domäne Subtest Abkürzung Abfolge Rohwertbereich
Globalwert Mini Mental State Examination MMSE 3 0-30
Konstruktive Praxis Figurenzeichnen: 4 Figuren abzeichnen FZ 5 0-11
Gedächtnis Wörterlernen: 10 Wörter in 3 Durchgängen lernen WL 4 0-30
Wörterabrufen: die vorher gelernte Wörter spontan abrufen WA 6 0-10
Wörterwiedererkennen: die Wörter in einer größeren Liste wiedererkennen WW 7 0-10
Figurenabruf: die 4 Figuren aus dem Gedächtnis nachzeichnen FA 8 0-11
Sprache Semantische Wortflüssigkeit: In einer Minute möglichst viele Tiere nennen SWF 1 ≥ 0
Benennen: 15 Items des Boston Naming Tests BN 2 0-15

Tabelle 1b: Domänen und Subtests der „Plus“-Ergänzungen

Domäne Subtest Abkürzung Abfolge Rohwertbereich
exekutive Funktionen Lexikalische Wortflüssigkeit: In einer Minute möglichst viele S-Wörter nennen LWF 11 ≥ 0
Visomotorische Geschwindigkeit Trail Making Test A TMT-A 9 ca. 8-180
Visomotor. Geschw. und exekutive Funktionen Trail Making Test B TMT-B 10 ca. 15-300

Das von den amerikanischen Autoren autorisierte deutsche Testmaterial für die CERAD-Batterie können Fachleute nach einer Anmeldung an der Webseite der Baseler Memory Clinic entweder als Papierversion kaufen oder kostenlos als pdf-Datei herunterladen. Darüber hinaus bietet die Memory Clinic auch eine Auswertungssoftware und einen Auswertungsservice an, die auf den Baseler Normen beruhen.

Das CERAD-Consortium beansprucht Rechte an den CERAD-Materialien. Sie können dort bestellt werden und in Forschung oder Patientenbehandlung eingesetzt werden. Eine Verwendung außerhalb der beiden Zwecke und insbesondere die Weitergabe an Dritte ist untersagt.

Es gibt eine Reihe von fremdsprachigen Versionen, darunter die zugelassene deutsche Version der Baseler Memory Clinic. Der Bezug und die Anwendung der deutschen Version steht unter ähnlichen Restriktionen wie die der US-amerikanischen Originalversion.

Die MMSE gehört standardmäßig zu den Subtests der CERAD-Batterie. Sie wurde zu einer Zeit in die Batterie eingeschlossen, als das Copyright der MMSE von den Autoren des Originalartikels nicht verfolgt wurde. Inzwischen wird bei der MMSE aber das Copyright verfolgt. In den oben genannten Webseiten fehlt jeder Hinweis darauf, dass der Bezug und/oder Selbstdruck des MMSE-Bogens durch den gegenwärtigen Rechteinhaber der MMSE gestattet wäre. Vielleicht gibt es ja eine entsprechende Vereinbarung aus den 80er Jahren, im Internet lässt sich zur Zeit aber kein Hinweis darauf finden.

Ähnliche Überlegungen könnte man für den Boston Naming Test anstellen. Seit seiner Erstpublikation 1967 wurde er von drei verschiedenen Verlagen publiziert, derzeit wohl ausschließlich von Pro-Ed in Austin, TX. Die OrderForm des CERAD-Consortiums enthält einen Hinweis auf das Copyright von Pro-Ed. Dabei ist (zumindest mir) nicht klar geworden, ob das CERAD-Consortium die Rechte von Pro-Ed eingeholt hat oder ob jeder Besteller das separat tun muss.

Die CERAD wird als Individualtest durchgeführt. Bei den mit der CERAD untersuchten Patienten liegt typischerweise zumindest ein Verdacht auf eine Demenz vor, häufig auch eine manifeste Demenz. Für die Durchführung der CERAD ist deshalb nicht nur die Kenntnis des Testmaterials und der Durchführungsanleitung, sondern auch eine gewisse Erfahrung mit dementen Patienten notwendig.

Das Baseler Testmanual beschreibt die Durchführung und Auswertung der Subtests sehr klar und ausführlich. In TDB2Online werden nicht alle Rohwerte ausgewertet, die im Basler Handbuch beschrieben werden. Da wir immer ein besonderes Gewicht auf eine möglichst große und möglichst repräsentative Normbasis legen, beschränken wir uns auf solche Parameter, für die es die besten Normstichproben gibt.

Für die praktische Anwendung als Screeningtest für eine (Alzheimer-)Demenz ist zusätzlich eine Messung oder Schätzung der prämorbiden Intelligenz notwendig. In der Gedächtnissprechstunde der Psychiatrischen Klinik im Klinikum der LMU München wird die CERAD-Batterie regelmäßig durch Schmidt & Metzler's Wortschatztest WST5) ergänzt, bei dessen Aufgaben man ein Wort unter mehreren Pseudo-Wörtern erkennen muss. Zumindest bei leichteren Demenzen erlaubt diese Messung von passiv-verbalen Fähigkeiten eine Abschätzung der prämorbiden Intelligenz. Als Alternative oder auch Ergänzung dazu ist auch die Anwendung einer Sozialformel sinnvoll, mit der man die prämorbide Intelligenz aus anamnestisch erhebbaren Daten errechnen kann. Sozialformeln für deutschsprachige Patienten haben zuletzt Jahn et al. 2013 vorgeschlagen.6)

Wir verwenden die folgenden Rohwerte bei den klassischen CERAD-Subtests:

  • Mini Mental State Examination: Punkte (Wertebereich 0-30)
  • Wörterlernen: Anzahl der gelernten Wörter über alle drei Lerndurchgänge (Wertebereich 0-30)
  • Wörterabrufen: Anzahl der spontan genannten richtigen Wörter (0-10)
  • Wörterwiedererkennen: Anzahl der richtig zugeordneten Wörter minus 10 (0-10)
  • Semantische Wortflüssigkeit: Anzahl der in einer Minute genannten richtigen Wörter (offen, Wertebereich von 0 bis 36 tabelliert)
  • Benennen: Anzahl der richtig benannten Zeichnungen (0-15)
  • Figuren Zeichnen: Anzahl der Punkte über alle vier Figuren (0-11)
  • Figuren Abrufen: Anzahl der Punkte über alle vier Figuren (0-11)

und bei den Subtests der CERAD-Plus:

  • Trail Making Test A: Zeit in Sekunden (offen, Wertebereich von 0 bis 500 tabelliert)
  • Trail Making Test B: Zeit in Sekunden (offen, Wertebereich von 0 bis 500 tabelliert)
  • Lexikalische Wortflüssigkeit: Anzahl der in einer Minute genannten richtigen Wörter (offen, Wertebereich von 0 bis 36 tabelliert)

Für die meisten Subtests der CERAD liegen keine Normierungsstudien bei jungen Erwachsenen vor. Wir können deshalb die Leistungswerte der CERAD-Subtests nicht auf die Leistungen junger Erwachsener beziehen, wie wir es sonst in TDB2Online machen. Für alle Subtests der CERAD werden deshalb die Leistungswerte auf die Leistungen von 60-64-Jährigen bezogen.

Für zwei Verfahren, MMSE und TMT A und B, gibt es gute Normen für junge Erwachsene. Werden diese Verfahren innerhalb der CERAD-Batterie durchgeführt, wäre es aber nicht sinnvoll, sie auf der Grundlage anderer Normen auszuwerten als die der restlichen Subtests. Beide Verfahren sind in TDB2Online deshalb zwei Mal verfügbar: einmal als Subtests der CERAD mit einer einheitlichen Normierung für Personen ab 60 Jahre und einmal als separate Tests (MMSE und Pfadfindertests A und B) mit der üblichen Normierung der Leistungswerte auf der Basis junger Erwachsener.

Für die TDB2-Normierung der kompletten CERAD wurden die in Tabelle 2 angeführten Studien berücksichtigt. Das Kriterium für die Auswahl war, dass (mehr oder weniger zufällig und/oder repräsentativ gezogene) gesunde Personen im höheren Altersbereich untersucht und die Ergebnisse nach Altersgruppen getrennt publiziert wurden. Einzelheiten zu den Studien werden weiter unten erläutert, Tabelle 2 gibt zunächst eine Übersicht über die berücksichtigten Normierungsstudien und die entsprechende Literaturangabe. Der Lesbarkeit halber werden diese Studien später nur noch mit dem Namen des Erstautors referenziert.


Tabelle 2: Übersicht über die verwendeten Normierungsstudien

Erstautor Jahr Altersbereich Altersgruppen Schule N Stichprobendefinition verwendete Statistiken Subtests Land
ADAMS7) 2001 >69 (Originaldaten) 856 Zufallsstichprobe, repräsentativ für US-Population über 69 Originaldaten (auf Antrag erhältlich) alle USA
Welsh-Bohmer8) 2009 66-102, M=80 66-75; 76-85; 86+ 13 507 Zufallsstichprobe aus einer räumlich begrenzten Population von 5677 Personen über 65 Jahre; Demenz als Ausschlusskriterium Perzentile 95,90,75,50,25,10 und 5 alle USA
Luck9) 2009 75-98, M=80 75-79, 80+ keine vergleichbaren Angaben 2891 alle Patienten deutscher Muttersprache über 74 Jahren in 138 Hausarztpraxen; Ausschluss: Demenz und andere Krankheiten mit starkem Einfluss auf kognitive Leistungen Perzentilränge pro Rohwert für jeweils einzelne Gruppen; dazu M;s;etc. SWF, WL, WA, WW D
Fillenbaum10) 2011 >49 unterschiedliche 3 Zufallsstichproben, repräsentativ für bestimmte Gruppen der US-Population Perzentile 95, 90, 75, 50, 25, 10 und 5 nur FA USA
Welsh11) 1994 50-89 50-69; 70-89 413 gesunde Angehörige Häufigkeiten pro Rohwert für die Gesamtstichprobe; M und s für die 2 Altersgruppen alle außer FA USA
Murphy12) 2012 60-83, M=67 60-69; 70-83 12 99 community, through public advertising, 22 von 121 excluded, MMSE>23 M, s alle Irland
Beeri13) 2006 85-101, M=89 85-89; 90-101 15 196 Seniorenzentrum, Längsschnittstudie über kardiovaskuläre Risikofaktoren, Demenz ausgeschlossen M und s für Gesamtstichprobe, PR 10, 25, 50 und 75 für die 2 Altersgruppen alle USA
Collie14) 1999 >43, M=63 50-69; 70+ 12 243 gesunde Probanden, geworben mit Anzeigen oder durch Kontakt mit univ. Institution. Ausschlussgründe: Demenz oder andere Krankheiten mit Einfluss auf Kognition, MMSE<28 M, s alle (WL nur M) Australien
Monsch15) 2002 49-92, M=69 50-69; 70-79; 80-94 1100 gesunde Angehörige und Freiwillige M und s alle Schweiz

Zu den Studien im einzelnen:

Die ADAMS-Studie (Übersicht in Langa et al., 2005)16) kommt dem Ideal einer Normierungsstudie sehr nahe. Sie hat folgenden Hintergrund: Das Institute for Social Research der University of Michigan führt seit 1992 die „Health and Retirement Study“ (HRS) durch, die inzwischen mit über 30.000 Personen (5000 nach Eintritt in die Studie gestorben) die gesamte US-Bevölkerung über 50 Jahre repräsentiert. Im Zusammenhang mit HRS wurde die Aging, Demographics, and Memory Study (ADAMS) durchgeführt, deren Ziel eine populationsbasierte Demenzstudie ist. Bei einer Stichprobe von 856 Personen mit 70 und mehr Jahren wurden zwischen 2001 und 2003 zuhause durch Fachkräfte unter anderem die CERAD und die Trail Making Tests durchgeführt. Dies ist die einzige Studie, die tatsächlich zunächst die Daten einer Zufallsauswahl ohne weitere Selektion enthält. Es liegen viele weitere Daten vor, die es erlauben, die Ergebnisse für bestimmte Gruppen zu spezifizieren, z.B. Personen mit bestehender Demenz auszuschließen. Für eigene Forschungsarbeiten sind die Daten über die HRS-Website auf Antrag erhältlich.

Auch bei der zweiten Studie in Tabelle 2 (Welsh-Bohmer) wurde eine Zufallsstichprobe von Personen über 65 Jahren untersucht, allerdings innerhalb einer räumlich begrenzten Population (Cache County in Utah). Alle Personen wurden sorgfältig klinisch evaluiert. Eine Demenz oder eine leichte kognitive Störung (im Rahmen einer Krankheit diagnostiziert) führte zum Ausschluss.

In der Untersuchung von Luck et al. wurde eine Zufallsstichprobe von nicht-dementen Patienten von 138 Hausarztpraxen mit der CERAD untersucht. Der Altersbereich war auf 75 Jahre und älter angesetzt, Ergebnisse werden für vier Subtests der CERAD berichtet, allerdings sind die Altersgruppen angesichts der großen Stichprobe wenig differenziert (nur zwei Gruppen: 75-79 und 80+).

Fillenbaum et al. haben für den Subtest „Figuren Abrufen“ Normergebnisse aus drei Studien aufbereitet, von denen sich zwei auf Zufallsstichproben von begrenzten Populationen stützen, die dritte auf eine anfallende Stichprobe.

Die anderen fünf Studien in Tabelle 2 hatten nicht den Anspruch, Zufallsstichproben zu untersuchen. Welsh et al., Collie et al., und die Baseler Normierung der deutschen CERAD-Plus (Eintrag „Monsch“ in Tabelle 2, Handbuch und Normen nach Registrierung und Anmeldung abrufbar auf der Webseite der Baseler Memory Clinic, dort auch weitere Literatur) untersuchten vor allem gesunde Angehörige von Patienten in Gedächtnisprechstunden, ergänzt durch auf unterschiedliche Art geworbene Freiwillige. Murphy untersuchte Freiwillige in Cork (Irland) und Umgebung, Beeri et al. untersuchten Bewohner von Seniorenzentren und weitere angeworbene Personen im Rahmen einer Längsschnittstudie über kardiovaskuläre Risikofaktoren. In allen fünf Studien waren Personen mit einer manifesten Demenz ausgeschlossen.

Studien mit der CERAD in Entwicklungsländern (zum Beispiel 17),18)) wurden nicht berücksichtigt, weil die dort untersuchten Personen in der Mehrzahl weniger als 10 Jahre Schuldbildung aufwiesen.

Die Aufbereitung der klassischen CERAD-Subtests für TDB2Online weist einige Besonderheiten auf, die im Folgenden erläutert werden.

Normalerweise werden in TDB2Online Testleistungen auf die durchschnittlichen Leistungen von jungen Erwachsenen referenziert („Leistungswerte“). Bei der CERAD-Batterie ist das nicht möglich, weil Normuntersuchungen mit jungen Erwachsenen bei den meisten Subtests nicht durchgeführt wurden. Bei der CERAD-Batterie beziehen sich die Leistungswerte auf gesunde Personen im Alter von 60-64 Jahren.

Normalerweise stützt sich TDB2Online in erster Linie auf Normierungsuntersuchungen, die auf Zufallsstichproben beruhen. Bei Tests, die vorwiegend im Altersbereich zwischen 20 und 65 eingesetzt werden, liefern solche Stichproben die beste Basis für eine Teststandardisierung. Schwieriger wird es bei Tests, die für das höhere und hohe Alter gedacht sind. Altersassoziierte krankhafte kognitive Störungen nehmen bei Zufallsstichproben im hohen Alter einen relativ großen Anteil an der Stichprobe ein, je älter die Gruppe, desto größer der Anteil. In den meisten Normierungsstudien für die CERAD (siehe Tabelle 2) wurden Personen mit altersassoziierten krankhaften kognitiven Störungen von vornherein ausgeschlossen, auch wenn die Ausschlusskriterien oft mangelhaft definiert sind. In der ADAMS-Studie (beschrieben in Langa et al. (2005)19)) wurde im Gegensatz dazu zunächst niemand ausgeschlossen. Hier wurde eine Zufallsstichprobe von 856 Personen, repräsentativ für die US-Bevölkerung über 69 Jahren, zuhause aufgesucht und mit der kompletten CERAD einschließlich MMSE und TMT untersucht. Daneben erfolgten ausführlich dokumentierte, systematische klinische Untersuchungen auf vorliegende Krankheiten mit Auswirkungen auf die Kognition, die es möglich machen, verschiedene Ausschlusskriterien auf ihre Auswirkungen hin zu testen. Die klinischen Untersuchungen erfolgten in mehreren Wellen, sodass man in der Lage ist, auch Personen zu identifizieren, die ein paar Jahre nach der Erstuntersuchung mit der CERAD die Kriterien für eine Demenz erfüllten. Bereitet man die Originaldaten dieser Studie entsprechend auf, lässt sich der Effekt unterschiedlicher Ausschlusskriterien auf die Testleistungen gut demonstrieren. Wir benutzen dazu die MMSE-Daten der ADAMS-Studie. An Hand der Originaldaten haben wir dazu vier Gruppen gebildet:

  • Gruppe 1: die vollständige bevölkerungsrepräsentative (US-Population 2001) Ausgangsstichprobe bei der Erstuntersuchung (Zeitpunkt A), N=833
  • Gruppe 2: die Ausgangsstichprobe ohne die zum Zeitpunkt A Demenzkranken, N=738
  • Gruppe 3: die Ausgangsstichprobe ohne die zum Zeitpunkt A Demenzkranken und ohne die im Verlauf der nächsten 4 Jahren an einer Demenz Erkrankten (gemessen zum Zeitpunkt B, vier Jahre nach Zeitpunkt A), N=649
  • Gruppe 4: nur die zum Zeitpunkt A neurologisch und psychiatrisch komplett Gesunden, N=551

In Abbildung 1 sind die mittleren MMSE-Rohwerte dieser vier Gruppen über den erfassten Altersbereich hinweg gestrichelt mit den Kürzeln ADAMS_M1 bis ADAMS_M4 aufgetragen.


Abbildung 1: Altersverläufe der mittleren MMSE-Rohwerte der vier ADAMS-Gruppen (siehe Text)


Neben den vier ADAMS-Gruppen (ADAMS_M1 bis ADAMS_M4) sind in Abbildung 1 auch die Daten von zwei weiteren Zufallsstichproben erfasst, in denen keine Selektion von Teilnehmern mit kognitiv relevanten Erkrankungen stattfand. Die beiden Studien, Crum et al. (1993)20) und MRC CFAS (1998)21) gehören zu den Normierungsstudien der MMSE und sind im entsprechenden Abschnitt der Testdokumentation zur MMSE beschrieben. Man sieht, dass die Mittelwerte der reinen Zufallsstichproben (Crum_M, MRC_M und ADAMS_M1 in Abbildung 1) im Altersverlauf von 70 bis 94 Jahren gut miteinander übereinstimmen. Der Anteil von Personen mit krankhafter kognitiver Beeinträchtigung nimmt ab etwa 70 Jahren zu, je älter, desto mehr. Dies hat folgende Auswirkungen auf die Stichprobengrößen in den Gruppen 2 bis 4:

  • In Gruppe 2, bei der nur die zum Zeitpunkt der Testung Demenzkranken ausgeschlossen wurden, reduziert sich die Gruppengröße im Vergleich zur Gesamtstichprobe in der Altersgruppe 70-74 um 4%, 75-79 um 6%, 80-84 um 16%, 85-89 um 29% und in der Altersgruppe 90-94 um 28%.
  • Für die Gruppe 3 lauten die entsprechenden Zahlen 12%, 16%, 28%, 41% und 46%,
  • für die Gruppe 4 20%, 22%, 48%, 57% und 70%.

Die Auswirkungen auf die Mittelwertsverläufe sind erheblich: Man sieht in Abbildung 1, dass die Exklusion der aktuell Demenzkranken bei den 70-74-Jährigen noch keinen nennenswerten Effekt hat. Hier liegen die MMSE-Mittelwerte der Gruppe 2 ganz in der Nähe der drei Zufallsstichproben. In den folgenden Altersgruppen ändert sich das: der erhebliche Leistungsabfall, den wir in den Zufallsstichproben beobachten, reduziert sich zu einem nur sehr graduellen Leistungsabfall, der in den höheren Altersgruppen nicht viel anders aussieht als in den zwei Dekaden zuvor. Die zusätzliche Exklusion der Personen, die in den nächsten vier Jahren eine Demenz entwickeln (Definition der Gruppe 3) hat einen gewissen, aber keinen sehr großen Effekt auf den Altersverlauf. Etwas stärker ist der Effekt, wenn man von vornherein alle Personen ausschließt, die irgendwie psychiatrisch oder neurologisch auffällig sind (Gruppe 4). Diese Selektion führt offensichtlich zu einer insgesamt leistungsfähigeren Gruppe.

Die Aussagekraft dieser Befunde ist sehr hoch, da sie an großen (ADAMS) und sehr großen (Crum und MRC-CFAS) Zufallsstichproben erhoben wurden. Die Interpretation ist klar: Der in den Zufallsstichproben zu beobachtende erhebliche und mit höherem Alter zunehmende Leistungsabfall von Personen über 70 Jahren geht auf die Demenzkranken zurück, und zwar zu einem mit dem Alter zunehmenden Anteil. Er beruht also auf einer altersassoziierten Veränderung der Stichprobenzusammensetzung.

Für die Normierung der CERAD-Subtests greifen wir deshalb bei der ADAMS-Studie auf die Daten der Gruppe 2 zurück, bei den meisten anderen Normierungsuntersuchungen sind Personen mit Demenz ohnehin exkludiert.

Die Subtests der CERAD liefern Rohwerte mit sehr unterschiedlichen Verteilungseigenschaften. Die Rohwerte des Subtests Semantische Wortflüssigkeit erstrecken sich zum Beispiel über einen ausreichend großen Wertebereich und sind auch annähernd normalverteilt. Ganz anders hingegen beim Wiedererkennen der Wörter: Hier geht der Wertebereich nur von 0 bis 10. Weil die meisten Personen 9 oder 10 Wörter wiedererkennen, ist die Verteilung auch noch extrem schief.

Die weiteren Maßnahmen zur psychometrischen Aufarbeitung der Rohwerte zu aussagekräftigen Leistungswerten werden deshalb im Folgenden für jeden Subtest einzeln dargestellt. Ausgangspunkt für die Verteilungsanalysen ist immer die ADAMS-Stichprobe ohne aktuell Demente (= Gruppe 2), da hier die komplette Werteverteilung für alle Subtests vorliegt. Die anderen Zufallsstichproben aus der Tabelle 2, Welsh-Bohmer22), Luck23) und Fillenbaum24), werden bei den Subtests in unterschiedlicher Weise berücksichtigt.

Für die Beurteilung der Normstichproben werden auch die Mittelwerte aller anderen Stichproben aus Tabelle 2 zusammen mit den Zufallsstichproben jeweils übersichtlich dargestellt, unabhängig davon, ob sie in die Normen eingehen.

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

An der Psychologischen Abteilung der Psychiatrischen Klinik im Klinikum der LMU München wurde die CERAD-Batterie seit Mitte der 90er Jahre benutzt, vorwiegend im Rahmen der Gedächtnissprechstunde. Schon früh wurden dafür die amerikanischen Normen aufgearbeitet und linearisiert; zur Darstellung wurde ein Profilblatt verwendet, das einige Merkmale des Darstellungsprinzips von TDB2Online vorwegnahm,25) inzwischen aber veraltet ist.

Bis zum 14. August 2019 beruhten die in TDB2Online verwendeten CERAD-Normen ausschließlich auf zwei Quellen: Die Leistungswerte wurden aus den Perzentilverteilungen von Welsh et al. (1994)26) abgeleitet, für die Altersnormgrenzen wurden zusätzlich die Daten der Normierungsstudie der Baseler Memory Clinic verwendet. Diese inzwischen veraltete Normierung steht zu Vergleichszwecken in TDB2Online bis auf Weiteres noch unter dem Namen CERAD alt zur Verfügung.


1) , 11) , 26)
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3)
Morris, J. C., Heyman, A., Mohs, R. C., Hughes, J. R., van Belle, G., Fillenbaum, G. et al. (1989). The Consortium to Establish a Registry for Alzheimer's Disease (CERAD). Part I. Clinical and neuropsychological assessment of Alzheimer's disease. Neurology, 39, 1159-1165.
4)
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5)
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7) , 16) , 19)
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8) , 22)
Welsh-Bohmer, K. A., Ostbye, T., Sanders, L., Pieper, C. F., Hayden, K. M., Tschanz, J.T., et al. (2009) Neuropsychological performance in advanced age: Influences of demographic factors and apolipoprotein E: Findings from the Cache County Memory Study. The Clinical Neuropsychologist, 23, 77-99.
9) , 23)
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