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Wechsler Adult Intelligence Scale - Fourth Edition

Abkürzung: WAIS-IV

Die Wechsler Adult Intelligence Scale - Fourth Edition (WAIS-IV) ist seit 2012 in einer deutschen Adaptation erhältlich. Dabei hat sie den englischsprachigen Titel behalten.1) Das Originalverfahren erschien 2008 in USA.2) David Wechsler, ein amerikanischer Psychologe, konstruierte Ende der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts mit der Wechsler-Bellevue-Scale3) die erste Intelligenztestbatterie dieser Serie, die vor allem für klinische Zwecke gedacht war. Unter Einschluss der Wechsler-Bellevue-Scale stellt die WAIS-IV die fünfte Generation der Wechsler-Intelligenztestreihe dar.

Schon die Vorgänger aus der zweiten und dritten Generation der Wechsler Tests, HAWIE4) und HAWIE-R5), boten mit ihren 11 Untertests einen guten Überblick über die Struktur kognitiver Leistungen, speziell auch bei kognitiv beeinträchtigten Patienten. In der vierten Generation, dem WIE6), wurde die Zusammensetzung der Subtests erstmals stärker verändert, um den Bedürfnissen neuropsychologischer Untersuchungen besser Rechnung zu tragen. Die 14 Subtests des WIE erlaubten neben der bis dahin üblichen Aufgliederung der Testleistungen in einen Verbal- und Handlungsteil eine Aufgliederung nach neuropsychologischen Gesichtspunkten, die den Anschluss an die modernere, neuropsychologisch geprägte Forschung hinsichtlich der Struktur kognitiver Leistungen herstellte. Die WAIS-IV übernimmt im wesentlichen die Struktur des WIE und fasst die Subtestleistungen in vier Indizes (Sprachverständnis, Wahrnehmungsgebundenes logisches Denken, Arbeitsgedächtnis und Verarbeitungsgeschwindigkeit) und einem Gesamt-IQ zusammen. Die Aufgliederung in Verbal- und Handlungsteil entfällt.

Zum Testkit der deutschen Version der WAIS-IV gehören zwei Testhandbücher. Eines enthält die zur Durchführung notwendigen Anleitungen, das andere Informationen zu Grundlagen, Auswertung und Interpretation. Weitergehende anwendungsbezogene Literatur zur klinischen Interpretation der amerikanischen WAIS-IV (und damit ihrem deutschen Pendant) gibt es derzeit nur auf Englisch.7)8)9)

Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die Subtests, ihre Zuordnung zu kognitiven Domänen, die im deutschen Handbuch übliche Abkürzung, den Rangplatz bei der Testdurchführung und den möglichen Rohwertebereich.

Tabelle 1: Domänen und Subtests der WAIS-IV in der Schreibweise des Handbuchs

Domäne Subtest Abkürzung Abfolge Rohwertbereich
Sprachverständnis (SV): Gemeinsamkeiten finden GF 2 0-36
Wortschatz-Test WT 5 0-57
Allgemeines Wissen AW 9 0-26
Allgemeines Verständnis AV (13) 0-36
Wahrnehmungsgebundenes Logisches Denken (WLD): Mosaik-Test MT 1 0-66
Matrizen-Test MZ 4 0-26
Visuelle Puzzles VP 8 0-26
Formenwaage FW (12) 0-27
Bilder ergänzen BE (15) 0-24
Arbeitsgedächtnis (AGD): Zahlen nachsprechen ZN 3 0-30
Rechnerisches Denken RD 6 0-22
Buchstaben-Zahlen-Folgen BZF (11) 0-30
Verarbeitungsgeschwindigkeit (VG): Symbol-Suche SYS 7 0-60
Zahlen-Symbol-Test ZST 10 0-135
Durchstreich-Test DT (14) 0-72


Die Subtests mit den Abfolgeplätzen 1 bis 10 werden als Kerntests bezeichnet, die mit den Rangplätzen 11 bis 15 sind optional. Bei den Kerntests ist der Subtest Visuelle Puzzles neu, bei den optionalen die Formenwaage und der Durchstreich-Test. Figurenlegen und Bilderordnen aus dem WIE sind in der WAIS-IV nicht mehr enthalten. In der WAIS-IV werden alle 15 Subtests einem Index zugeordnet, beim WIE blieben einige ohne Zuordnung. Näheres kann man erkunden, wenn man die Strukturtabelle im Abschnitt über den WIE zum Vergleich hinzuzieht.

An dieser Stelle seien einige Bemerkungen zur Benennung der Domänen und zur Schreibweise gestattet.

Wie schon beim WIE sind zwei der Domänenbezeichnungen problematisch. Aus dem „Sprachlichen Verständnis“ im WIE wurde ein „Sprachverständnis“ in der WAIS-IV. Beide Bezeichnungen sind zu eingeschränkt, weil zum Domänenbereich auch der Untertest Gemeinsamkeitenfinden gehört. Dieser verlangt eine aktive Oberbegriffproduktion, also eine Begriffsbildungsfähigkeit, die mit „Verständnis“ nicht hinreichend abgedeckt ist. In TDB2Online und im Befundbericht der TDB2Online-App wurde deshalb schon beim WIE der einerseits neutralere, andererseits aber umfassendere Begriff „Sprachliche Fähigkeiten“ verwendet. Wir behalten das auch bei der WAIS-IV bei.

Die zweite unpassende Bezeichnung war beim WIE „Wahrnehmungsorganisation“. Für eine kognitive Domäne, die vor allem etwas mit aktivem, handelndem Problemlösen zu tun hat, ist diese Bezeichnung unpassend, auch wenn sie die direkte Übersetzung der englischen Bezeichnung „Perceptual Organization“ war. In der WAIS-IV wurde die englische Bezeichnung zu „Perceptual Reasoning“ geändert und im Gleichklang damit heißt die Domäne in der deutschen Version jetzt „Wahrnehmungsgebundenes logisches Denken“. Das kommt der geprüften Fähigkeit schon näher, auch wenn „perceptual“ viel mehr beinhalten würde als die hier vorliegenden rein visuellen Stimuli. Außerdem ist die deutsche Übersetzung umständlich. Die TDB2Online-App hatte für diese Domäne beim WIE den Begriff „Visuelles Problemlösen“ verwendet und behält dies auch bei der WAIS-IV bei.

Eine kleine Abweichung ergibt sich noch bei der Domäne der Arbeitsgeschwindigkeit, die es seit WAIS-III bzw. WIE gibt. Auf Englisch heißt sie seither „Perceptual Speed“. Beim WIE wurde das einfach mit „Arbeitsgeschwindigkeit“ übersetzt. Da die „Wahrnehmungsgeschwindigkeit“ in den beiden Subtests dieser Domäne durch einfache Handlungen (Schreiben, Durchstreichen) geprüft wird, ist die Übersetzung mit „Arbeitsgeschwindigkeit“ durchaus zutreffend. Sie ist für die Leser von Testbefunden gut zu verstehen und wurde so in TDB2Online übernommen. Bei der WAIS-IV wurde daraus nun „Verarbeitungsgeschwindigkeit“. Dieser Begriff (dem im Englischen eher „processing speed“ entsprechen würde) ist im Zusammenhang mit der Geschwindigkeit von Computern sehr gebräuchlich, und hat von da seinen Eingang in die psychologische Kognitionsforschung gefunden. Allerdings würde dazu dann mehr gehören als in den beiden Subtests gemessen wird. Wir sehen deshalb keinen Grund, vom bisher verwendeten Begriff Arbeitsgeschwindigkeit abzuweichen.

Mit der Rechtschreibung der Subtestbezeichnungen haperte es bei den Wechsler-Tests auch früher schon. Es gab nie einen Grund, Wortschatz-Test statt Wortschatztest zu schreiben. Bei der WAIS-IV sind aber nun 8 von 15 Subtestnamen sowohl nach der aktuellen als auch nach früheren Rechtschreibregeln falsch geschrieben. Von Testanwendern kann man verlangen, dass sie ihre Befunde in korrekter Rechtschreibung verfassen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum sie bei den Bezeichnungen der Subtests eine fehlerhafte Rechtschreibung übernehmen müssten, nur weil das Lektorat des Verlags in diesem Punkt versagt hat. Wir haben in der Tabelle 1 Subtests und Domänen so geschrieben, wie sie im Handbuch stehen (und darauf hingewiesen). Im weiteren Verlauf dieses Texts und in der TDB2Online-App bemühen wir uns um eine korrekte Schreibweise.

Für die Durchführung der WAIS-IV benötigt man den kompletten Testsatz, der neben den beiden Handbüchern und einer Erstaustattung an Protokollbögen auch Aufgabenhefte und Testmaterial enthält. Als Verbrauchsmaterial fallen laufend nur die Protokollbögen und die speziellen Aufgabenhefte für bestimmte Subtests an. Das Material ist urheberrechtlich geschützt und wird zudem nur an bestimmte Berufsgruppen ausgeliefert. Es ist über den Webstore des Verlags oder über die Testzentralen in Deutschland oder der Schweiz erhältlich. Der TDB2Online-Artikel über den WIE enthält auch einige Hinweise zur Copyright-Geschichte der Wechsler-Tests.

Alle Intelligenztestbatterien von Wechsler sind Individualtests. Das Testmaterial ist auch bei der WAIS-IV noch relativ vielseitig, auch wenn es in früheren Versionen mit den Subtests Bilderordnen und Figurenlegen für die Probanden handlungsreicher war. Abwechslung im Material hilft immer dabei, die meist eher mäßige Motivation von Testpersonen in klinischen Testsituationen aufrecht zu halten.

Die Durchführung ist im Durchführungshandbuch (Manual 2) gut und sehr ausführlich beschrieben. Sie ist bei der WAIS-IV schwieriger als bei vielen anderen Leistungstests und muss gelernt und geübt werden. Alle Tests aus der Domäne Sprachverständnis werden zum Beispiel frei beantwortet. Das ist gut für den Probanden, bedeutet aber für die Testleiter/innen, dass die Antwort mit Beispielantworten im Handbuch verglichen und bewertet werden muss. Dabei muss man auch wissen, in welchen Fällen man nachfragen muss. Es reicht nicht, wenn man später liest, dass man bei einer bestimmten Antwort hätte nachfragen müssen, um zu einer klaren Bewertung zu kommen. Bei vielen Subtests gibt es Sprung- und Abbruchregeln, mit denen man vertraut sein muss.

Die Durchführung der 10 Kerntests der WAIS-IV dauert bei psychiatrischen Patienten gute 90 Minuten, nimmt man weitere Subtests dazu, entsprechend länger. Dazu kommt die Auswertungszeit, die allerdings stark von der Erfahrung der Testleiterin abhängt.

Die Rohwerte der WAIS-IV sind über die Subtests hinweg ganz unterschiedlich definiert:

  • Anzahl richtiger Lösungen: ZN, MZ, AW, BZF
  • Anzahl richtiger Lösungen innerhalb einer bestimmten Zeit: RD, VP, ZST, FW, BE
  • Anzahl richtiger minus Anzahl falscher Lösungen innerhalb einer bestimmten Zeit: SYS, DT
  • Summe von Punkten für die Güte einer Lösung (0, 1 oder 2 Punkte pro Item): GF, WT, AV
  • Komplexe Bewertung nach Richtigkeit und Schnelligkeit der Lösung: MT

Auch die Rohwertbereiche sind unterschiedlich groß: Den kleinsten Bereich finden wir beim Rechnerischen Denken (0 bis 22), den größten beim Zahlen-Symbol-Test (0 bis 135).

Wegen der unterschiedlichen Rohwertbereiche und wegen der Abweichungen der Rohwertverteilungen von einer Normalverteilung wurden die Rohwerte schon seit der ersten Generation der Wechsler'schen Intelligenztests an Hand von Tabellen in sogenannte Wertpunkte umgewandelt. Wertpunkte sind bei Wechsler Standardwerte mit dem Mittelwert 10 und der Standardabweichunge 3. Die Umwandlung geschah immer über eine Flächentransformation, die zugleich zu einer Normalisierung der Verteilung führte. Allerdings ist die genaue Definition der Wertpunkte in den verschiedenen Versionen der Wechsler-Tests trotzdem unterschiedlich:

  • Bei der Wechsler Adult Intelligence Scale10) (WAIS) und deren Vorgängern im englischen Sprachbereich und dementsprechend beim HAWIE im deutschen Sprachbereich waren die Wertpunkte so skaliert, dass sich in der Gesamtverteilung der Eichstichprobe ein Mittelwert von 10 und eine Standardabweichung von 3 ergab. Diese Definition ist inhaltlich gesehen nicht glücklich, weil die Subtests ganz unterschiedliche Altersverläufe aufweisen. Ein so definierter Mittelwert von 10 charakterisiert bei einigen Subtests, insbesondere bei den sprachlichen, eine breite Altersspanne. Bei Subtests mit einer starken Leistungseinbuße im Alter kann er dagegen nur eine ziemlich enge Altersspanne wirklich charakterisieren. Ein weiterer Nachteil liegt darin, dass eine Änderung im Altersbereich der Normierungsstichprobe zu einer veränderten Definition der Wertpunkte führt. Auch dies wird vor allem bei den Subtests mit einer starken Leistungseinbuße im Alter wirksam.
  • Bei der revidierten Version der WAIS, der WAIS-R11), und dementsprechend beim HAWIE-R wurden die Wertpunkte so skaliert, dass ein Mittelwert von 10 und eine Standardabweichung von 3 in der Altersklasse der jungen Erwachsenen zwischen 20 und 34 Jahren erzielt wurde. Damit ließen sich die Wertpunkte inhaltlich enger charakterisieren als typische Leistung für junge gesunde Probanden auf dem lebenszeitlichen Gipfelpunkt der kognitiven Leistungsfähigkeit. Der Altersbereich der Normierungsstichprobe hat darauf dann keinen Einfluss mehr. Altersbedingte Defizite finden sich nach beiden Seiten. Jugendliche um die 16 Jahre erreichen im Durchschnitt zum Beispiel im Wortschatztest nur 8 Wertpunkte. Probanden mit einem Alter von siebzig Jahren erreichen in manchen Subtests des Handlungsteils nur vier bis sechs Wertpunkte.
  • Bei der WAIS-III12) und dementsprechend beim WIE wurde diese Definition der Wertpunkte, die inhaltlich den Leistungswerten in TDB2 ähnlich ist, nicht weitergeführt. Ab dieser Generation (und damit auch bei der WAIS-IV) wurden die Wertpunkte nur noch altersgruppenweise definiert, so dass sich für jede Altersgruppe separat ein Mittelwert von 10 und eine Standardabweichung von 3 ergibt. (Beim HAWIE-R stand diese Methode als alternative Auswertung zur Verfügung). Bei WAIS-III und WAIS-IV wird also jede Altersgruppe anders transformiert und die Wertpunkte verlieren ihre Fähigkeit, tatsächliche Leistungen zu messen, auch solche unterschiedlich alter Personen.

In TDB2Online erfolgt die Darstellung von Testergebnissen immer in Form von altersunabhängigen Leistungswerten. Für die Berechnung der Leistungswerte wurde bei den Subtests des WAIS-IV auf die Wertpunkttransformationen der Altersklassen 20-24 und 25-29 zurückgegriffen. Die Details sind weiter unten erläutert.

Für die WAIS-IV gibt es im deutschen Sprachraum bis heute keine Normdaten außer den im Handbuch mitgeteilten. Bei vielen sprachfreien neuropsychologischen Tests werden in TDB2Online allerdings auch nicht-deutschsprachige Normquellen hinzugezogen. Es wäre insofern durchaus denkbar, auch bei den nicht-sprachlichen Subtests der WAIS-IV andere Normen hinzuzuziehen, zum Beispiel die amerikanischen, britischen oder französischen Normen, und sie mit den deutschen metaanalytisch zu verrechnen. Auch ein einfacher Vergleich der deutschen Normen mit anderen Quellen wäre durchaus interessant. Das steht als Aufgabe an, wurde aber bisher nicht durchgeführt.

Im deutschen Handbuch zur WAIS-IV fehlt jegliche Angabe darüber, wie die Wertpunkte aus den Rohwertsummen berechnet wurden. Allerdings kann man dem Vorwort entnehmen, dass die Berechnungen von der gleichen Mitarbeiterin von Pearson in San Antonio durchgeführt wurden, die auch die Normen für die amerikanische Originalversion erstellt hat. Man darf also wohl annehmen, dass die Prozeduren identisch waren. Im amerikanischen Handbuch13) ist beschrieben, dass „the method of inferential norming“ benutzt wurde. Der zugehörige Literaturverweis bezieht sich auf einen unpublizierten Kongressvortrag von 2005, allerdings gibt es eine spätere Publikation14), die die Methode gut beschreibt. Es handelt sich dabei um eine Spielart des „continuous norming“: Zunächst wurden Mittelwerte, Standardabweichungen und Schiefe der Rohwerte separat für jede Altersgruppe berechnet und dann über die Altersgruppen hinweg mit polynomialen Regressionen geglättet. Mit den so angepassten Momenten wurden Verteilungsfunktionen berechnet und wiederum geglättet, auch über Altersgruppen hinweg. Deren Perzentile an den Mittelpunkten der Altersbereiche wurden letztlich für die Umrechnung von Rohpunktsummen in Wertpunkte verwendet.

Die Umrechnung von Roh- in Wertpunkte stellt also im Wesentlichen eine etwas mehr formalisierte Linearisierung durch Flächentransformation und eine Transformation in die Wertpunktskala (10;3) für jede Altersklasse dar. Das „continuous norming“ sorgt lediglich dafür, dass es keine groben stichprobenbedingten Sprünge in den Normen gibt. Die Tabellen im Handbuch geben diese Umrechnungsdaten leider nur ganzzahlig wieder, viele Rohwerte belegen denselben Wertpunkt. Um die Daten für die Darstellung in TDB2Online nutzbar zu machen, wurden die harten Stufen dieser Umwandlung durch eine gleitende Mittelwertbildung wieder geglättet. Dabei richtete sich die Ordnung der gleitenden Mittelwertsbildung nach der Feinheit der Rohwertskala. An den Enden der Verteilung wurden die Daten extrapoliert, damit man die gleitende Mittelwertsbildung beibehalten konnte. Anschließend wurde auch eine Angleichung der Daten zwischen den Altersklassen vorgenommen. Dies war zwar laut Handbuch schon bei der Erstellung der Normen durchgeführt worden. In den Daten wurden aber gelegentlich Unstetigkeiten im Altersverlauf beobachtet, die Ergebnis der begrenzten Stichprobengröße sind. Sie wurden durch eine Glättung über die Altersgruppen hinweg eliminiert. Hier war eine Glättung dritter Ordnung immer ausreichend. Anschließend wurden die Daten für die beiden Altersgruppen 20-24 und 25-29 gemittelt. Der Mittelwert war die Basis für die Berechnung der Leistungswerte.

In die 2012 durchgeführte Normierung der WAIS-IV gingen die Ergebnisse von 1425 Personen aus Deutschland im Alter zwischen 16 und 90 Jahren ein. Anders als bei der Normierung des WIE wurden Personen aus Österreich oder der Schweiz nicht einbezogen. Die Stichprobe hat einen beachtlichen Umfang und einen großen Altersbereich. Für alle Altersgruppen einzeln gibt es eine Aufschlüsselung nach Geschlecht, Bildungsabschlüssen, Migrationshintergrund und Region.

Für die Stichprobenziehung wurden Stichprobenpläne an Hand von nicht näher spezifizierten Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamts zu Geschlecht, Schulabschlüssen, Migrationshintergrund und regionaler Verteilung entwickelt. Inwieweit die Merkmale der Normstichprobe die angestrebten Quoten erfüllen, ist nicht beschrieben. Weitere Angaben fehlen, unter anderem zum Schwund der Stichprobe (es wurden weit mehr als 1425 Personen untersucht), zur Art der Stichprobenziehung, zur Art der Kontaktaufnahme, zur Testumgebung und zur Schulung der rund 120 Testleiter, denen im Handbuch gedankt wird.

Für jeden Anwender, der von dem älteren WIE zur WAIS wechselt, stellt sich die Frage nach der Vergleichbarkeit der mit beiden Verfahren erhobenen Subtestwertpunkte, Indizes und IQs. Bei den beiden vergangenen Versionswechseln (vom HAWIE zum HAWIE-R 1991 und vom HAWIE-R zum WIE 2006) wurden von Mitarbeitern der Psychologischen Abteilung der Münchner Psychiatrischen Uniklinik einige Jahre nach dem Erscheinen der neuen Versionen Ergebnisse von Äquivalenzuntersuchungen vorgelegt15) 16). Zwischen HAWIE und HAWIE-R gab es danach große, zwischen HAWIE-R und WIE merkliche Unterschiede in den IQs und Subtestergebnissen. Das jeweils neuere Verfahren führte zu niedrigeren Werten, was auf Grund des Flynn-Effekts17) zu erwarten war. Eher unerwartet fanden sich auch starke qualitative Unterschiede zwischen den Verteilungsformen der jeweiligen Eichstichproben, die es eigentlich notwendig gemacht hätten, für jeden Rohwert einer jeden Altersgruppe eine individuelle Umrechnung vorzulegen.

Für die amerikanische Originalversion der WAIS-IV liegen die Ergebnisse einer Äquivalenzuntersuchung zur WAIS-III vor, die im Technischen Handbuch der WAIS-IV publiziert wurden18). Bei einzelnen Subtests fanden sich Differenzen im Bereich von 1/3 Standardabweichung oder 5 IQ-Punkten, im Verbalteil im Allgemeinen höher als im Handlungsteil.

Für die deutsche Version der WAIS-IV gibt es derzeit unseres Wissens nach keine Äquivalenzuntersuchung. Am sinnvollsten wäre gewesen, sie zusammen mit der Normierungsuntersuchung durchzuführen. Dies wurde wohl versäumt. Auch wenn der Flynn-Effekt sich nach manchen Berichten inzwischen abgeschwächt hat19), dürfte immer noch mit gewissen Unterschieden zu rechnen sein. Mit dieser Unsicherheit bleibt der Anwender alleine, vor allem dann, wenn ältere WIE-Befunde mit neueren WAIS-IV-Befunden verglichen werden sollen.

In diesem Abschnitt werden, gegliedert nach den Domänen, für jeden WAIS-IV-Subtest die rückgerechneten Rohwertverteilungen für ausgewählte Altersgruppen gezeigt und diskutiert. Rohwertverteilungen liefern basale Informationen über die Differenzierungsfähigkeit eines Tests. Ein zweites Diagramm zeigt die Abbildung der Rohwerte auf die Leistungswerte. An beiden Abbildungen lässt sich die Differenzierungsfähigkeit an unterschiedlichen Stellen der Verteilung gut feststellen. In die Abbildung der Roh- auf Leistungswerte sind zusätzlich Verteilungskennwerte aller Altersgruppen (Mittelwerte plus/minus ein und zwei Sigma) eingetragen. An diesem Diagramm lässt sich der Einfluss des Alters auf die Subtestleistungen gut erkennen. Besonderheiten werden jeweils kommentiert.

siehe ausführliche Dokumentation

siehe ausführliche Dokumentation

siehe ausführliche Dokumentation

siehe ausführliche Dokumentation

Wenn mehrere Subtests addiert oder gemittelt und das Ergebnis dieser Aktionen dann als Messwert neu normiert wird, dann entsteht daraus eine neue Metrik, die mit derjenigen der Subtests nicht mehr kompatibel ist. Dieser Sachverhalt ist in der allgemeinen Dokumentation im Abschnitt Mehrfachstandardisierung auf unterschiedlichen Ebenen erläutert und am Beispiel der Intelligenzquotienten des HAWIE-R transparent gemacht worden. Wir haben dort gesehen, dass ein Proband, der in jedem Subtest vier Wertpunkte erreicht, in den Intelligenzquotienten nicht den IQ 70 erhält, den man bei einer vergleichbaren Metrik erwarten würde (zwei Standardabweichungen unterhalb des Mittelwerts seiner Altersgruppe), sondern einen deutlich niedrigeren, dessen genauer Wert von der Korrelation zwischen den Subtests und der Anzahl der aggregierten Subtests abhängt.

Bei der WAIS betrifft das die vier Indizes und den Gesamt-IQ. Diese fünf Maße sind noch einmal gesondert normiert worden und bauen deshalb eine eigene Metrik auf. Wir zeigen den Effekt in Abbildung 31 am Beispiel eines 25-jährigen Probanden, der in jedem Kerntest genau 4 Wertpunkte erzielt hat.

Abbildung 31: WAIS-Testprofil eines Probanden mit genau 4 Wertpunkten in jedem der 10 Kerntests (siehe Text)

Im TDB2Online-Profil erreicht dieser Proband in jedem Subtest einen Leistungswert von 70 oder ganz in der Nähe von 70, die geringen Abweichungen von der 70er-Linie sind auf die Ganzzahligkeit der Rohwerte zurückzuführen. Da es sich um einen 25-jährigen Probanden handelt, sind die Leistungswerte, die man im Profil ablesen kann, mit den altersabhängigen Standardwerten (ASW), die rechts am Rand als Zahl ausgedruckt sind, praktisch identisch. Auch die mittleren Leistungswerte in den vier Domänen und im Gesamtwert liegen alle bei oder sehr nahe bei 70, was dem Wunsch nach einer einheitlichen Metrik in TDB2Online entspricht.

Die im Profil nachträglich von Hand eingezeichneten roten Markierungen geben die Lage der IQ- bzw. Indexwerte wieder, wie sie sich bei einer Handauswertung nach den Tabellen des WAIS-Handbuchs errechnen. Sie liegen ausnahmslos unterhalb der Subtestwerte, wobei die Korrelation zwischen den aggregierten Subtests und die Anzahl der aggregierten Subtests das Ausmaß der Metrik-Spreizung bestimmen: Je niedriger die Interkorrelationen der Subtests sind und je mehr Subtests in den Globalwert eingehen, umso größer wird die Spreizung der Metrik. Bei den Domänenwerten, bei denen jeweils nur zwei oder drei relativ hoch miteinander korrelierende Subtests zusammengefasst werden, ergeben sich Indizes von 67 (Sprachliche Fähigkeiten), 65 (Visuelles Problemlösen), 66 (Arbeitsgedächtnis) und 68 (Arbeitsgeschwindigkeit), also nur wenig niedriger als die jeweiligen Subtestwerte. Beim Gesamt-IQ dagegen, in den 10 Subtests eingehen, die Unterschiedliches messen und niedriger miteinander korrelieren, ist die Spreizung der Metrik viel größer. Der von Hand ausgewertete Gesamt-IQ beträgt nur 60.

In TDB2Online werden keine getrennt standardisierten Globalmaße berücksichtigt. Statt dessen geben wir schlicht die mittleren Subtests-Leistungswerte bzw. deren altersabhängige Standardwerte an.

siehe ausführliche Dokumentation

Bei aller Kritik im Detail muss man festhalten, dass die deutsche Version der WAIS-IV die gelungene Adaptation eines unverzichtbaren diagnostischen Verfahrens ist. Die Subtests messen Fähigkeitsbereiche, die für die klinische Beschreibung kognitiver Störungen wichtig sind, und die Domänen sind insgesamt vernünftig zugeschnitten. Im Spannungsfeld zwischen differentialpsychologischen und neuropsychologischen Modellen zur Abbildung kognitiver Fähigkeiten gehen die Wechsler-Testbatterien seit der WAIS-III (dem deutschen WIE) einen Mittelweg, der für die klinische Ergebnismitteilung bei Patienten mit psychischen Störungen von Vokabular und Subtestzuschneidung her gut geeignet ist. Im Vergleich mit vielen anderen Testverfahren kann die WAIS-IV mit gutem Testmaterial, einer guten Normierung und einem großen Altersbereich punkten. Es gibt eine umfangreiche wissenschaftliche und anwendungsspezifische Literatur über die WAIS-IV, allerdings fast ausschließlich auf Englisch.


1)
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