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Raven Standard Progressive Matrices

Abkürzung: SPM

Mitte der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts konstruierte John C. Raven, ein Schüler von Spearman, im Rahmen seiner Master's Thesis die „Progressive Matrices„, die wir heute als Standard Progressive Matrices (SPM) kennen1). Ziel der Testkonstruktion war es, den gesamten Bereich der intellektuellen Entwicklung von der Kindheit bis ins Senium zu erfassen. Gleichzeitig sollte der Test von Sprache, Ausbildung, Nationalität oder Gesundheitszustand weitestgehend unabhängig sein.

Die Aufgaben bestehen aus unvollständigen geometrischen Figuren oder Mustern, die aus jeweils sechs bzw. acht dargebotenenen Antwortalternativen (multiple choice) so zu ergänzen sind, dass ein erkanntes Konstruktionsmuster logisch fortgesetzt wird. Abbildung 1 zeigt beispielhaft eine Aufgabe, die vom Konstruktionsprinzip den SPM-Aufgaben entspricht.

Abbildung 1: Beispiel einer Matrizen-Aufgabe. Das passende Teilstück muss ausgewählt werden.


Die SPM bestehen aus 5 Serien (benannt mit A bis E) von jeweils 12 solcher Aufgaben, deren Schwierigkeitsgrad ansteigt. Die Lösung der ersten Aufgabe jeder Serie ist, vor allem bei den ersten vier Serien A bis D, meist unmittelbar einsichtig. In den späteren Aufgaben jeder Serie werden dann schwierigere Problemstellungen präsentiert. Sie bauen stets auf dem auf, was bei der vorhergehenden Aufgaben zu leisten war.

Die SPM sind seit der Erstauflage 1938 praktisch nicht verändert worden. Dem noch aktuellen Manual for Raven's Progressive Matrices and Vocabulary Scales2) lässt sich entnehmen, dass es lediglich zwei mal kleine Änderungen an den Items gab. 1947 wurde am achten Item der Serie B eine Korrektur vorgenommen und für die Ausgabe von 1956 wurden sowohl die Aufgaben selbst als auch die Antwortmöglichkeiten neu geordnet, nicht aber die Position der richtigen Antwort.

Im oberen Intelligenzbereich messen die SPM nicht mehr sehr genau. Im Zuge des interkulturellen Anstiegs der Intelligenz-Testwerte3) war bei den SPM ein deutlicher Deckeneffekt für Jugendliche und jüngere Erwachsene festzustellen. Aus diesem Grund wurden, zeitgleich zu einer Parallelversion der SPM, die der klassischen Form von 1956 entsprach, die SPM-Plus entwickelt, die wieder eine verbesserte Differenzierung im oberen Intelligenzbereich ermöglichen. Bei den üblichen klinischen Anwendungszwecken ist eine Differenzierung im Normal- und Subnormalbereich wichtiger als im oberen Intelligenzbereich. Insofern reicht die Differenzierungsleistung der SPM für klinische Zwecke meistens aus.

Die SPM werden sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen eingesetzt. Im Rahmen von TDB2Online wird nur die Anwendung bei Erwachsenen behandelt.

Eine recht ausführliche Rezension der Progressiven Matrizen hat Frank Gierschmann 2003 geschrieben.4) Das Buch ist noch im Handel.

Lange Zeit erschienen die drei Versionen der Progressiven Matrizen im Selbstverlag. Nach J.C. Ravens Tod führten seine Söhne den Verlag (J. C. Raven Ltd.) unter der Leitung des ältesten Sohns, John Raven, zunächst weiter. Unter John Ravens Supervision fanden in den späten 80er Jahren die bis dahin ausführlichsten Normuntersuchungen bei Erwachsenen in Schottland und in USA statt. Mitte bis Ende der 90er erschien eine umfassende Dokumentation der Tests von Raven in 7 Teilbänden. Für die SPM sind davon Teil 1 (allgemeine Übersicht)5), Teil 3 (Standard Progressive Matrices)6) und Teil 7 (Forschungsdaten und Literaturangaben)7) relevant. Anfang des Jahrhunderts übernahm die Psychological Corporation in Texas, die zu dieser Zeit schon zu Harcourt gehörte, den Familienverlag einschließlich aller Rechte an den Tests. Die Testabteilung von Harcourt wurde später von Pearson Assessment übernommen, das die englischen Manuale zur Zeit (Oktober 2012) ohne wesentliche Änderungen publiziert.

Auch in Deutschland haben die SPM mehrfach den Testverlag gewechselt. Eine erste Ausgabe mit einer deutschen Standardisierung für Kinder von Kratzmeier und Horn erschien 1979 bei Beltz Test, eine (leicht) erweiterte zweite Auflage 1988.8) Eine weitere deutsche Ausgabe mit neuen Normen (aber ebenfalls vorwiegend für Kinder und Jugendliche) erschien 1998 unter der Bearbeiterautorenschaft von Heller, Kratzmeier und Lengfelder.9) Das Manual dieser Ausgabe scheint noch erhältlich zu sein, bei der Schweizer Testzentrale ist es noch gelistet.

Fast gleichzeitig (seit 1998) begann Swets Test Service in Frankfurt damit, die kompletten englischen Manuale und die drei Matrizentests auf deutsch herauszugeben. Die SPM erschienen dort in der Bearbeitung von Bulheller und Häcker10) auf der Basis der britischen Ausgabe von 1998.11) Die in dieser Ausgabe publizierten deutschen Normen wurden mit den SPM Plus erhoben, nicht mit den klassischen SPM. Allerdings gibt es eine Umrechnungstabelle, mit deren Hilfe SPM-Plus-Rohwerte in SPM-Rohwerte umgewandelt werden können (und umgekehrt). Es wurden vor allem Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, nur wenige Studenten und keine nicht-studentische Erwachsenenstichprobe untersucht.

Aktuell werden die zuerst bei Swets Test Service erschienenen deutschen Versionen bzw. deren Neuauflagen vom Rechtsnachfolger, Pearson Assessment & Information GmbH, in Frankfurt verlegt. Sie sind direkt dort oder über die Testzentralen in Deutschland oder der Schweiz zu beziehen.

Zur Durchführung der klassischen SPM braucht man auf jeden Fall das (klassische) SPM-Testheft, das die fünf Testserien (A, B, C, D, E) von jeweils 12 Aufgaben enthält, und die (klassischen) SPM-Antwortbögen. In der aktuellen Version sind diese durchschreibend und erleichtern damit die Auszählung der Rohwerte. Eine zumindest kursorische Kenntnisnahme des Inhalts des deutschen SPM-Manuals12) ist notwendig, auch wenn es etwas mühsam zu lesen ist. Zusätzlich empfehlen die Testautoren die Lektüre des Grundlagenmanuals zu den Matrizentests von Raven13).

J. C. Ravens Rechte an seinem Test wurden von Verlag zu Verlag weitergereicht und liegen heute international bei Pearson Assessment, in Deutschland vertreten durch Pearson Assessment & Information GmbH in Frankfurt.

Die aktuellen Handbücher für die Matrizentests von Raven14) 15) empfehlen die Durchführung der SPM als zeitlich unbegrenzten Power-Test. Der Test kann sowohl als Individual- wie auch als Gruppentest durchgeführt werden (wobei die Gruppengröße, speziell bei klinischen Anwendungen, auf wenige Personen begrenzt bleiben sollte). Die Testdurchführung dauert im Durchschnitt ca. 45 Minuten.

Die Durchführung der SPM mit einem verbindlichen Zeitlimit, das es manchen Testpersonen nicht erlaubt, die Bearbeitung des Tests abzuschließen, würde zu einer ungleichmäßigen und nicht validen Testwertverteilung führen. Der Grund dafür ist, dass manche Testpersonen unter derartigen Testbedingungen viel Zeit darauf verwenden, die schwierigen Testaufgaben aus den ersten Serien zu lösen, während andere diese Aufgaben auslassen und ihre Testwerte deutlich erhöhen, indem sie die einfacheren Items aus den höheren Serien lösen.

Bei allen Versionen von Ravens Progressiven Matrizen gibt es nur einen Testrohwert, die Anzahl der richtigen Lösungen. Bei den SPM reicht diese Zahl von 0 bis 60.

siehe ausführliche Testdokumentation

Von Beginn an wurden Normen für die Raven-Tests als Prozentränge angegeben. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass die Beziehung zwischen Rohwerten und IQ-Werten nicht linear ist. In den unteren Leistungsbereichen ist die Lösung eines weiteren Musters mit einem geringeren IQ-Zuwachs verbunden als in den oberen Leistungsbereichen. Auf Grund der vorliegenden Prozentrangnormen ist die Umrechnung in lineare Leistungswerte über die Beziehung zwischen Prozenträngen und Einheiten der Normalverteilung formal einfach.

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation


1)
Raven, J. C. (1938). Progressive Matrices. London: H. K. Lewis & Co., Ltd.
2) , 6) , 14)
Raven, J., Raven, J. C. & Court, J. H. (2000). Manual for Raven's Progressive Matrices and Vocabulary Scales. Section 3: Standard Progressive Matrices (including the Parallel and Plus Versions). 2000 Edition. Oxford: Oxford Psychologists Press.
3)
vgl. Flynn, J. (1987). Massive IQ gains in 14 nations. What IQ tests really measure. Psychological Bulletin, 101, 171-191.
4)
Gierschmann, F. (2003) Raven's Progressive Matrices (RPM). In: Tests unter der Lupe 4. Hrsg. v. E. Fay, Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, S. 105-123.
5) , 15)
Raven, J., Raven, J. C. & Court, J. H. (1998). Manual for Raven's Progressive Matrices and Vocabulary Scales. Section 1. General Overview. 1998 Edition. Oxford: Oxford Psychologists Press.
7)
Court, J. H. & Raven, J. (1995). Manual for Raven's Progressive Matrices and Vocabulary Scales. Section 7: Research and References. Oxford: Oxford Psychologists Press.
8)
Raven, J. C., Court, J. & Raven, J. (Jr.) (1988). Standard Progressive Matrices. Manual. Deutsche Bearbeitung von Heinrich Kratzmeier und Ralf Horn. Zweite Auflage. Weinheim: Beltz Test Gesellschaft.
9)
Heller, K.A., Kratzmeier, H. & Lengfelder, A. (1998). Matrizen-Test-Manual, Band 1. Ein Handbuch mit deutschen Normen zu den Standard Progressive Matrices von J.C. Raven. Goettingen: Beltz Test.
10) , 12)
Raven, J.C., Raven, J. & Court, J.H. (1999) Manual zu Raven's Progressive Matrices and Vocabulary Scales. Standard Progressive Matrices. Ausgabe 1999 mit der Parallelform und der SPM-Plus-Version. Deutsche Bearbeitung von Stephan Bulheller und Hartmut Häcker. Frankfurt: Swets Test Services.
11)
Raven, J., Raven, J.C. & Court, J.H. (1998) Manual for Raven's Progressive Matrices and Vocabulary Scales. Section 3. Standard Progressive Matrices (including the Parallel and Plus versions). Oxford: Oxford Psychologists Press.
13)
Häcker, H. & Bulheller, S. (Hrsg.) (1998) Manual der Progressiven Matrizen- und Wortschatztests von John Raven. Teil 1: Grundlagen. Frankfurt: Swets Test Services
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