dokumentation:rey_complex_figure_test

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-===== Testmaterial =====+===== Testmaterial und Copyright =====
  
 Leider genießt die Rey-Figur offensichtlich kaum Copyright-Schutz. Die Eingabe von "Rey complexe figure" in die Bildersuche einer Suchmaschine liefert unter anderem auch eine Fülle von Abbildungen der Originalfigur. Das ist einerseits schlecht für den Testschutz. Andererseits bestehen auch noch Autorenschutzrechte: André Rey, der Schöpfer der Figur, starb 1965, womit die Schutzrechte erst 2035 enden. Es ist also nicht zu empfehlen, irgendeines der im Internet gefundenen Bilder auszudrucken und als Vorlage zu verwenden. Myers & Myers((Meyers, J. E. & Meyers, K. R. (1995). //Rey Complex Figure Test and Recognition Trial.// Odessa, FL: Psychological Assessment Resources.)) und PAR als Verleger ihrer Version des RCFT haben bei Nachfahren von André Rey die (amerikanischen) Rechte zum Abdruck der Figur erworben, wie aus den Copyright-Statements auf der Rückseite der Figur hervorgeht (siehe auch die [[https://en.wikipedia.org/wiki/Talk:Rey-Osterrieth_complex_figure|Diskussionsseite]] des englischen Wikipedia-Artikels über den RCFT). Will man nicht den gleichen Weg gehen und eine Korrespondenz mit den Nachfahren von André Rey beginnen, empfiehlt sich der Kauf einer Verlagsversion. Wegen der ausführlichen Auswertungsanleitung in Myers & Myers((Meyers, J. E. & Meyers, K. R. (1995). //Rey Complex Figure Test and Recognition Trial.// Odessa, FL: Psychological Assessment Resources.)) bietet sich diese Version an, auch wenn das Handbuch nur auf Englisch vorliegt. Eine copyright-sichere deutsche Version ist mir nicht bekannt.  Leider genießt die Rey-Figur offensichtlich kaum Copyright-Schutz. Die Eingabe von "Rey complexe figure" in die Bildersuche einer Suchmaschine liefert unter anderem auch eine Fülle von Abbildungen der Originalfigur. Das ist einerseits schlecht für den Testschutz. Andererseits bestehen auch noch Autorenschutzrechte: André Rey, der Schöpfer der Figur, starb 1965, womit die Schutzrechte erst 2035 enden. Es ist also nicht zu empfehlen, irgendeines der im Internet gefundenen Bilder auszudrucken und als Vorlage zu verwenden. Myers & Myers((Meyers, J. E. & Meyers, K. R. (1995). //Rey Complex Figure Test and Recognition Trial.// Odessa, FL: Psychological Assessment Resources.)) und PAR als Verleger ihrer Version des RCFT haben bei Nachfahren von André Rey die (amerikanischen) Rechte zum Abdruck der Figur erworben, wie aus den Copyright-Statements auf der Rückseite der Figur hervorgeht (siehe auch die [[https://en.wikipedia.org/wiki/Talk:Rey-Osterrieth_complex_figure|Diskussionsseite]] des englischen Wikipedia-Artikels über den RCFT). Will man nicht den gleichen Weg gehen und eine Korrespondenz mit den Nachfahren von André Rey beginnen, empfiehlt sich der Kauf einer Verlagsversion. Wegen der ausführlichen Auswertungsanleitung in Myers & Myers((Meyers, J. E. & Meyers, K. R. (1995). //Rey Complex Figure Test and Recognition Trial.// Odessa, FL: Psychological Assessment Resources.)) bietet sich diese Version an, auch wenn das Handbuch nur auf Englisch vorliegt. Eine copyright-sichere deutsche Version ist mir nicht bekannt. 
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 Wir werden also für die Transformation der Rohwerte in Leistungswerte auf die lineare Transformation in Meyers & Meyers zurückgreifen, wollen uns aber an Hand der drei anderen Studien versichern, dass eine lineare Transformation gerechtfertigt ist. **Abbildung 1** zeigt die Umrechnung von Rohwerten in IQ-Standardwerte für die unmittelbare Reproduktion der Figur. In grünen Farben sind in der Abbildung die Altersgruppen 20-24, 25-29, 45-49 und 80-89 der Meyers & Meyers Stichprobe aufgetragen. Wie man sieht, sind diese durch die "Continuous Norming"-Methode fast ausschließlich linear transformiert. Die Daten der Studie von Fastenau et al. sind in roten, die von Pena-Casanova et al. in blauen Farben dargestellt. Hierbei handelt es sich jeweils um reine Flächentransformationen, die jede Art von Verteilung darstellen können. Man sieht, dass die Verteilungen weitgehend linear sind und sich kaum Boden- und keine Deckeneffekte zeigen. Die lineare Umrechnung von Meyers & Meyers stellt also kein psychometrisches Problem dar.  Wir werden also für die Transformation der Rohwerte in Leistungswerte auf die lineare Transformation in Meyers & Meyers zurückgreifen, wollen uns aber an Hand der drei anderen Studien versichern, dass eine lineare Transformation gerechtfertigt ist. **Abbildung 1** zeigt die Umrechnung von Rohwerten in IQ-Standardwerte für die unmittelbare Reproduktion der Figur. In grünen Farben sind in der Abbildung die Altersgruppen 20-24, 25-29, 45-49 und 80-89 der Meyers & Meyers Stichprobe aufgetragen. Wie man sieht, sind diese durch die "Continuous Norming"-Methode fast ausschließlich linear transformiert. Die Daten der Studie von Fastenau et al. sind in roten, die von Pena-Casanova et al. in blauen Farben dargestellt. Hierbei handelt es sich jeweils um reine Flächentransformationen, die jede Art von Verteilung darstellen können. Man sieht, dass die Verteilungen weitgehend linear sind und sich kaum Boden- und keine Deckeneffekte zeigen. Die lineare Umrechnung von Meyers & Meyers stellt also kein psychometrisches Problem dar. 
  
-{{:tests:reyfigur_iq-sw_ir_auswahl.png|}}+{{:dokumentation:reyfigur_iq-sw_ir_auswahl.png|}}
  
 **Abbildung 1: Transformationskurven für die Umrechnung von Roh- in IQ-Standardwerte im Durchgang Unmittelbare Reproduktion in den Studien von Meyers & Meyers (in der Legende mit M gekennzeichnet), Fastenau et  al. (F) und Pena-Casanova et al. (P) für ausgewählte Altersgruppen (siehe Text)** **Abbildung 1: Transformationskurven für die Umrechnung von Roh- in IQ-Standardwerte im Durchgang Unmittelbare Reproduktion in den Studien von Meyers & Meyers (in der Legende mit M gekennzeichnet), Fastenau et  al. (F) und Pena-Casanova et al. (P) für ausgewählte Altersgruppen (siehe Text)**
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 Die rückgerechneten Ausgangsverteilungen sind in **Abbildung 2** dargestellt. Ein leichter Bodeneffekt bei der höchsten Altersgruppe in der Stichprobe von Pena-Casanova (P80-90 in der Legende) lässt sich erkennen, sonst sind das alles schöne symmetrische Verteilungen, die sich gut linear weiterverarbeiten lassen.  Die rückgerechneten Ausgangsverteilungen sind in **Abbildung 2** dargestellt. Ein leichter Bodeneffekt bei der höchsten Altersgruppe in der Stichprobe von Pena-Casanova (P80-90 in der Legende) lässt sich erkennen, sonst sind das alles schöne symmetrische Verteilungen, die sich gut linear weiterverarbeiten lassen. 
  
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 **Abbildung 2: Rückgerechnete Rohwertverteilungen für die unmittelbare Reproduktion in den gleichen Teilstichproben wie in Abbildung 1** **Abbildung 2: Rückgerechnete Rohwertverteilungen für die unmittelbare Reproduktion in den gleichen Teilstichproben wie in Abbildung 1**
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 Für die beiden Durchgänge "Unmittelbare Reproduktion" und "verzögerte Reproduktion" genügt eine einfache lineare Transformation, beim Durchgang "Kopie" wird auf eine Quantifizierung verzichtet. Für die beiden Durchgänge "Unmittelbare Reproduktion" und "verzögerte Reproduktion" genügt eine einfache lineare Transformation, beim Durchgang "Kopie" wird auf eine Quantifizierung verzichtet.
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 ===== Metaanalytische Zusammenfassung der Normen ===== ===== Metaanalytische Zusammenfassung der Normen =====
  
-Es gibt keine großen Unterschiede in der Güte der in Tabelle 1 angeführten Stichproben. Bei keiner der Stichproben handelt es sich wirklich um eine Zufallsstichprobe. Alle sind anfallende Stichproben, häufig auch aus verschiedenen Teilstichproben zusammengesetzt. Nur in zwei der Stichproben wird überhaupt ein Vergleich mit dem Zensus durchgeführt. Die eine dieser Stichproben ist die irische von Gallagher & Burke (2007)((Gallagher, C. & Burke, T. (2007). Age, gender and IQ effects of the Rey-Osterrieth Complex Figure Test. //British Journal of Clinical Psychology, 46//, 35–45.)), die mit 117 Personen im Altersbereich zwischen 16 und 69 allerdings zu klein ist. Die andere ist die von Meyers & Meyers (1995)((Meyers, J. E. & Meyers, K. R. (1995). //Rey Complex Figure Test and Recognition Trial.// Odessa, FL: Psychological Assessment Resources.)). Hier gibt es aber das Problem, dass die zensusgemäße Stichprobe nicht nach Alter aufgeteilt ist und die nach Alter aufgeteilte nicht dem Zensus entspricht. +siehe ausführliche [[tests:rey_complex_figure_test#Metaanalytische Zusammenfassung der Normen|Testdokumentation]]
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-Insofern scheint es am sinnvollsten zu sein, alle für entwickelte Länder passenden Stichproben in die Normgewinnung einzubeziehen. Die nicht passende ist die große Untersuchung von Rivera et al. (2015)((Rivera, D., Perrin, P.B., Morlett-Paredes, A., Galarza-del-Angel, J., Martinez, C., Garza, M. T., et al. (2015). Rey–Osterrieth Complex Figure – copy and immediate recall: Normative data for the Latin American Spanish speaking adult population. //NeuroRehabilitation, 37//, 677–698.)) in  11 lateinamerikanischen Ländern. Wie aus der zugehörenden Arbeit von Guardia-Olmos et al. (2015)((Guardia-Olmos, J., Pero-Cebollero, M., Rivera, D., & Arango-Lasprilla, J. C. (2015). Methodology for the development of normative data for ten Spanish-language neuropsychological tests in eleven Latin American countries. //NeuroRehabilitation, 37//, 493-499.)) hervorgeht, lagen die Ausbildungsdauern in 10 der 11 Länder (Ausnahme Peru) so weit unter der aller anderen Studien, dass ein Einbezug keinen Sinn gemacht hätte. +
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-Für die unmittelbare wie für die verzögerte Reproduktion lassen sich die Rohwerte linear zu Standardwerten umformen.  **Abbildung 3** zeigt die mittleren Rohwerte der unmittelbaren Reproduktion der Figur für alle Altersgruppen, für die die jeweiligen Stichproben Werte aufwiesen. In diesen und den folgenden Abbildungen steht "M&M" für Meyers & Meyers, die restlichen Abkürzungen sind selbst erklärend. Die Arbeit von Miller (2003)((Miller, 2003, Personal Communication to the authors of Mitrushina et al. (2005) )) kommt in den Abbildungen drei mal vor, weil die Werte nur für drei unterschiedliche Ausbildungsjahre vorlagen (unter 16 Jahren, 16 Jahre und mehr als 16 Jahre). +
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-**Abbildung 3: Altersverlauf der Mittelwerte in der unmittelbaren Reproduktion** +
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-Die dicke schwarze Linie bezeichnet den nach der jeweiligen Stichprobengröße gewichteten Mittelwert über alle Studien mit Werten bei einer Altersgruppe. Diese Linie wurde anschließend mit einem gleitenden Mittelwerte 3. Ordnung geglättet, daher der Name der Linie, "M glatt"+
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-**Abbildung 4** zeigt die Standardabweichungen pro Altersgruppe und Studie in gleicher Weise wie zuvor. Wieder bezeichnet "SD glatt" die gewichtet gemittelte Standardabweichung. +
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-**Abbildung 4: Altersverlauf der Standardabweichungen in der unmittelbaren Reproduktion** +
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-Betrachtet man die beiden Abbildungen im Zusammenhang, dann wird deutlich, dass die Normierungsstudien für die Rey-Figur erstaunlich eng beieinander liegen, verglichen mit anderen Testverfahren. Bei den gegebenen mittleren Standardabweichungen von 5 bis 6 über die gesamte Altersspanne liegen praktisch alle Studien innerhalb einer Bandbreite von -1σ bis +1σ. Dies gibt den Normen durchaus Gewicht.  +
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-**Abbildungen 5 und 6** zeigen das Gleiche für die verzögerte Reproduktion der Rey-Figur.   +
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-**Abbildung 5: Altersverlauf der Mittelwerte in der verzögerten Reproduktion** +
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-**Abbildung 6: Altersverlauf der Standardabweichungen in der verzögerten Reproduktion** +
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-Wie weiter oben schon besprochen, korrelieren die beiden Parameter hoch miteinander. Bei den meisten Probanden sind die Rohwerte in beiden Durchgängen sehr ähnlich. Dies muss aber keineswegs bei Patienten mit Speicher- oder Abrufstörungen so sein. +
  
 ===== Leistungs- und Altersnormen im Überblick ===== ===== Leistungs- und Altersnormen im Überblick =====
  
-Die Abbildungen in diesem Abschnitt zeigen zusammenfassend die Leistungs- und Altersnormen der beiden Reproduktionsdurchgänge der Rey-Figur, so wie sie in TDB2Online erscheinen.   +siehe ausführliche [[tests:rey_complex_figure_test#Leistungs- und Altersnormen im Überblick|Testdokumentation]]
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-**Abbildung 7** zeigt in einer zusammengesetzten Grafik den Zusammenhang von Roh- und Leistungswerten sowie den (durchschnittlichen) Einfluss des Alters auf die Leistungen in der unmittelbaren Reproduktion. Auf dieser und allen folgenden Abbildungen markieren die senkrechten Striche die Leistungswerte von 40 bis 145. Auf der schwarzen waagerechten Linie sind die Rohwerte lagerichtig eingetragen. Die abwechselnd rot und blau eingezeichneten Linien enthalten die Normgrenzen für alle Altersgruppen in der Übersicht. Die fünf Markierungen auf jeder Linie stehen für die Prozentränge 2.5, 16, 50, 84 und 97.5. Jeweils eine solche Linie, nämlich die, die der Altersgruppe des Probanden entspricht, wird (in anderer Form) im TDB2Online-Profilblatt eingezeichnet, um bei der individuellen Interpretation der Testergebnisse zu helfen. Weil die Leistungswerte aus den Ergebnissen der 20-24-jährigen jungen Erwachsenen errechnet werden, liegen die 5 Markierungen der Altersgruppe 20-24 genau auf den Leistungswerten 70, 85, 100, 115 und 130. +
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-{{:tests:reyfigur_altersnormen_ir.png|}} +
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-**Abbildung 7: Leistungswerte in der unmittelbaren Reproduktion der Figur (siehe Text)** +
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-Der altersassoziierte Leistungsabfall beträgt vom jungen Erwachsenenalter bis ins Senium fast drei Standardabweichungen. Die Reproduktionsdurchgänge bei der Rey-Figur gehören damit zu den alterssensitivsten neuropsychologischen Testverfahren. +
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-Abbildung 8 zeigt die gleiche Grafik für die verzögerte Reproduktion. Es sind wieder kaum Unterschiede zur Abbildung 7 erkennbar. +
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-{{:tests:reyfigur_altersnormen_dr.png|}} +
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-**Abbildung 8: Leistungswerte in der verzögerten Reproduktion der Figur (siehe Text)** +
  
 ===== Diskussion ===== ===== Diskussion =====
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 Aus psychometrischen Gründen werden in TDB2Online nur die beiden Reproduktionsdurchgänge quantifiziert. Für den Kopierdurchgang gab es in den Normstudien keine vernünftige Perzentilverteilung. Das muss kein Nachteil sein. Die genaue Punktzahl beim Kopieren ist ohnehin für die klinische Interpretation weniger wichtig als die Art und Weise, wie organisiert jemand die Figur auffasst und zeichnet. Es obliegt dem Befundschreibenden, das Ergebnis des Kopierdurchgangs im Befund verbal mitzuteilen. Aus psychometrischen Gründen werden in TDB2Online nur die beiden Reproduktionsdurchgänge quantifiziert. Für den Kopierdurchgang gab es in den Normstudien keine vernünftige Perzentilverteilung. Das muss kein Nachteil sein. Die genaue Punktzahl beim Kopieren ist ohnehin für die klinische Interpretation weniger wichtig als die Art und Weise, wie organisiert jemand die Figur auffasst und zeichnet. Es obliegt dem Befundschreibenden, das Ergebnis des Kopierdurchgangs im Befund verbal mitzuteilen.
  
 +===== Literatur =====
  
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  • Zuletzt geändert: 2022/03/07 14:21
  • von res