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Benton Visual Retention Test

Abkürzung: BVRT

Arthur Benton beschrieb 1945 in einem Zeitschriftenaufsatz1) einen einfachen, klinisch anwendbaren visuellen Gedächtnistest, der ein Jahr später unter dem gleichen Titel als Test bei der Psychological Corporation erschien. In diesem Test soll man sich nach kurzer Betrachtungszeit einfache visuelle Vorlagen einprägen und unmittelbar danach aus dem Gedächtnis zeichnen. Benton entwickelte diesen Test als Ergänzung zu den damals schon lange existierenden verbalen Gedächtnistests. Das Verfahren fand schnell internationale Verbreitung. 1955 erschien eine revidierte Fassung mit Parallel-Serien der Vorlagen. Diese war Grundlage für die von Otfried Spreen bearbeitete erste deutsche Fassung2), die unter dem vereinfachenden Namen Benton-Test erschien und gelegentlich auch nur mit BT abgekürzt wird. Inzwischen liegt die achte deutsche Auflage vor3). In den neueren Auflagen hat sich an der Grundform des Tests praktisch nichts verändert, in die Handbücher wurden vor allem neuere Norm- und Validitätsdaten eingearbeitet. Eine konsolidierte Zusammenführung der diversen Normen wurde in den Handbüchern allerdings nie versucht.

Das Copyright für die deutsche Bearbeitung des Verfahrens liegt bei Hogrefe. Handbuch und Testmaterial sind über die Testzentralen in Deutschland oder der Schweiz erhältlich.

Das deutsche Testkit enthält drei Vorlagenhefte. Sie enthalten unter anderem drei Vorlagenserien mit jeweils 10 Zeichnungen. Diese drei Vorlagenserien sind mit C, D. und E bezeichnet. Serie C ist die am häufigsten benutzte Vorlagenserie. Die Serien D und E werden normalerweise nur bei Wiederholungsmessungen eingesetzt.

Neben diesem klassischen Testmaterial enthält das deutsche Testkit Vorlagen, die zum Wiedererkennen (statt dem Zeichnen) der Bilder verwendet werden können, sowie erweiterte Vorlagen mit jeweils 20 Zeichnungen. Die Normsituation für diese Erweiterungen ist deutlich schlechter als für die Originalversion. Sie sind deshalb nicht in TDB2Online eingeschlossen.

Die Standardinstruktion für die Testdurchführung ist die im Handbuch als Instruktion A bezeichnete. Sie sieht eine Präsentationszeit von 10 Sekunden vor, sofort anschließend an die Präsentation soll die Zeichnung aus dem Gedächtnis reproduziert werden.

Schon seit den 50er Jahren gibt es neben der Standardinstruktion viele Varianten. Bei der Instruktion B wird die Präsentationszeit auf 5 Sekunden verringert. Instruktion C ist kein Gedächtnistest, sondern verlangt nur das Abzeichnen der Vorlagen. Instruktion D fügt eine Pause von 15 Sekunden zwischen Präsentation und Reproduktion ein. Die meisten Normuntersuchungen beziehen sich ausschließlich auf die Form C und die Instruktion A. Die zusätzlichen Varianten können bei der klinischen Anwendung höchst sinnvoll sein (zum Beispiel, um die Zeichenfähigkeit der Personen zu prüfen, unabhängig vom visuellen Gedächtnis). Für eine psychometrische Aufarbeitung sind deren Normen aber zu schwach.

Der Benton-Test verlangt bei der Auswertung eine sorgfältige Prüfung der Reproduktionen. Dazu muss man mit den Auswertungsrichtlinien vertraut sein und über eine gewisse Erfahrung mit dem Test verfügen. Es gibt je einen Rohwert für die „Richtigen“, also die Anzahl der fehlerfrei reproduzierten Vorlagen, und die „Fehler“, die Anzahl der beim Zeichnen gemachten Fehler (bei einer Vorlage können mehrere Fehler gemacht werden). In TDB2Online werden nur diese beiden Rohwerte verwendet.

Die Aufarbeitung der Benton-Normen stützt sich auf die in Mitrushina et al. (2005)4) analysierten Normierungsstudien, nicht auf ein darüber hinausgehendes Literaturstudium. Soweit das aus den dort referierten Studien erkennbar war, gab es keine Studien, die Perzentilverteilungen berichtet haben. Natürlich lassen sich leicht Vermutungen über die Verteilungsformen aufstellen: Wenn bei jungen Erwachsenen die erwartete Anzahl der richtigen Reproduktionen um 8 herum liegt (bei einem Rohwertbereich von 0 bis 10), dann wird die Rohwertverteilung stark schief sein, weil sie an die obere Decke stößt. Wir haben aber keine realen Daten dazu und können deshalb nur mit den mitgeteilten Mittelwerten und Standardabweichungen rechnen. Eine Linearisierung der Messskalen für Richtige und Fehler ist damit nicht möglich.

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

siehe ausführliche Testdokumentation

Der Benton-Test ist - etwas Erfahrung in Vorgabe und Auswertung vorausgesetzt - ein ökonomischer Test zur Prüfung des visuellen Gedächtnisses in klinischen Settings. Er mag etwas von seiner früheren Beliebtheit eingebüßt haben, die zum Teil auf unrealistische Erwartungen hinsichtlich einer Sensitivität für alle möglichen neuropsychologischen Beeinträchtigungen gründete. Er ist aber immer noch ein guter Test, wenn - sei es in Ergänzung zum verbalen Gedächtnis oder auch unabhängig davon - eine Prüfung des visuellen Gedächtnisses erfolgen soll.

Ähnlich wie beim VLMT sind die psychometrische Eigenschaften des Tests hingegen nur mäßig. Die Testdecke ist ziemlich niedrig, weshalb sehr gute Leistungen nicht messbar sind. Die beiden Kennwerte korrelieren sehr hoch miteinander. Speziell bei den Fehlern muss man eine sehr hohe Abhängigkeit der Varianz vom Mittelwert (über das Alter hinweg) feststellen, eine Folge der fehlenden Linearisierung der Skala.


1)
Benton, A. L. (1945). A visual retention test for clinical use. Archives of Neurology and Psychiatry, 54(3), 212-216.
2)
Benton, A.L. (1961). Der Benton-Test. Deutsche Bearbeitung von Otfried Spreen. Bern: Huber
3)
Sivan, A. B. & Spreen, O. (2009). Der Benton-Test. Handbuch. Achte Auflage. Bern: Huber
4)
Mitrushina,M., Boone,K.B., Razani,J. & d'Elia,L.F. (2005) Handbook of Normative Data for Neuropsychological Assessment. Second Edition. New York: Oxford University Press
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